Nicht nur in Unterhaltung, Kunst und Marketing spielen Geschichten und Storytelling eine wichtige Rolle. Auch unsere Psyche dürstet regelrecht nach Geschichten. Insbesondere, wenn wir unsicher sind.
Die Psychologin und Buchautorin Dr. Nicole LePera kann zahlreiche Beispiel dafür aufzählen.
- Etwa, wenn wir beschließen, dass uns offenbar jemand nicht mehr mag, weil er sich länger nicht bei uns gemeldet hat.
- Oder wenn wir glauben, dieser Jemand sei sauer auf uns (Wir rätseln nächtelang darüber, was wir getan haben könnten).
- Wenn wir einmal mehr sicher sind, dass unser Chef unzufrieden mit uns ist. Vielleicht hat er im Aufzug nur gegrüßt und nicht gelächelt?
- Wenn wir darüber spekulieren, was einen unserer Freunde dazu bringt, sich von seiner Partnerin zu trennen.
- Aber auch, wenn wir beschließen etwas zu tun, was wir gerne tun würden, weil wir glauben, dass es zu nichts führt.
Jedesmal wenn wir unsicher sind, suchen wir nach einer Erklärung, damit unser Gehirn das Geschehen rational verarbeiten kann. Kurz: Wir konstruieren eine Geschichte.
Mein Chef lächelt nicht, weil er unzufrieden ist, denn insgeheim fand er meine letzte Präsentation unter aller Sau.
Gedankengänge wie dieser, Storytelling wie dieses, erlauben es uns, die wieder die Kontrolle zu übernehmen. Denn aus ihnen können wir Handlungsoptionen ableiten, die uns das Gefühl geben, die Dinge in unserem Sinne zu beeinflussen.
Ich werde beim nächsten Mal eine so megamäßig überwältigende Präsentation raushauen, dass er mich vor allen Kollegen einfach nur feiern muss!
Doch es gibt ein Problem dabei. Diese Geschichten sind Fiktion, genauso wie das, was wir abends auf Netflix schauen oder in Büchern lesen. Wir glauben zwar zu wissen, was hinter allem steckt, aber solange wir nicht direkt mit den Betroffenen reden, ist alles Spekulation. Unser Gehirn ist der beste Storyteller der Welt. Aber wir sollten ihm nicht immer glauben.