Die Frankfurter Schirn Kunsthalle darf sich über einen großen Erfolg freuen. Mit der Ausstellung „Chagall. Welt in Aufruhr“ ist in dieser Woche die erfolgreichste Ausstellung in der Geschichte des Museums zu Ende gegangen. Was das mit dem Storytelling zur Ausstellung zu tun hat, erfährst du in diesem Beitrag.
Mehr als 240.000 Besucher haben die Ausstellung seit November besucht. Mehr Besucher hatte noch nie eine Ausstellung in der Geschichte der Schirn. Betrachtet man das Marketing für diesen Erfolg springen drei Punkte ins Auge.
Der erste hat auf den ersten Blick nicht unbedingt mit Storytelling zu tun und ohne Zweifel dürfte er der wichtigste Grund für die meisten Menschen gewesen sein, die Ausstellung zu besuchen.
Mit Marc Chagall präsentierte die Schirn einen extrem prominenten Namen – immer ein exzellentes Zugpferd für den Besuchererfolg eines Museums. Das weiß man auch, wenn man Geschichten veröffentlicht. Ein prominenter Name auf dem Buchcover garantiert zwar keine hohen Verkaufszahlen, erhöht die Wahrscheinlichkeit auf einen Bestseller aber enorm, Nicht umsonst setzen manche Verlage heute den Schwerpunkt ihrers Sachbuchprogramms auf solche Namen – oder bewegende Schicksale.
Und damit sind wir beim zweiten Grund, der aus Storytelling-Perspektive für den Erfolg von „Chagall. Welt in Aufruhr“ interessant ist: die Wahl der Lebensphase des Malers, auf die sich die Ausstellung der Schirn konzentriert. Schauen wir einmal wie das Museum selber diese Phase umschreibt:
Als jüdischer Maler war Chagall immer wieder existenziellen Bedrohungen ausgesetzt, die sich prägend auf sein Leben und sein Werk auswirkten. In den frühen 1930er-Jahren thematisierte er in seiner Kunst den immer aggressiver werdenden Antisemitismus und emigrierte 1941 aufgrund der Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime schließlich in die USA. Sein künstlerisches Schaffen in diesen Jahren berührt zentrale Themen wie Identität, Heimat und Exil.
Schirn Kunsthalle
Was wir in der Schirn sehen, ist die Auseinandersetzung mit existentiellen Bedrohungen, mit Aggression, Antisemitismus, Flucht und Vertreibung. Was wir auch sehen, ist die Geschichte eines Menschen, der diese jeden von uns ängstigenden Erfahrungen produktiv nutzen kann – und der über diese Erfahrungen hinaus fortbesteht und somit triumphiert.
Der dritte Grund mag da im Vergleich nicht so wichtig erscheinen, ist es aber doch. Der Titel der Ausstellung fasst dieses Schicksal in vier Wörtern zusammen. „Chagall. Welt in Aufruhr“ formuliert die Dramatik der Ereignisse und ihre Bedeutung. Und er braut die Brücke zum Publikum. Leben nicht auch wir aktuell in einer Welt im Aufruhr?
Hilft der Besuch der Ausstellung vielleicht sogar diese Welt zu fassen, zu bewältigen? Oder gibt sie zumindest Mut durch die Erkenntnis, das es ein Danach geben kann? Das sind Fragen, die Menschen bewegen können, ein Museum zu besuchen.
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Das Titelbild zeigt einen Ausschnitt aus dem Kirchenfenster der All Saints Church in Tudeley, England