„Humans are built for story. It’s the pursuit that makes a life and the pursuit that makes a plot.“
(John Yorke)
In kaum einem Bereich lässt sich Storytelling so gut nutzen wie im Sport. Denn pursuit, das Streben, ist kaum irgendwo im Leben ausgeprägter, sichtbarer und besser darstellbar als im Sport.
Jeder Sportler verfolgt ein Ziel, jeder Sportler leidet auf dem Weg dahin und jeder Sportler kommt irgendwann in die Situation Triumphe zu feiern (wie klein oder groß… ok, das ist eine andere Story).
Neben der Herausforderung bietet der Sport alles, was eine packende Geschichte braucht: eine Figur, die etwas will. Einen Weg zwischen harter Arbeit, Schmerz und Triumph, den diese Figur zurücklegen muss. Die Möglichkeit für das Publikum, diesen Weg emotional mitzugehen.
Ein perfektes Paar
Kaum eine Sportart hat das besser begriffen als der Fußball. Der, so heißt es, schreibt die besten Geschichten. Aber das stimmt nicht. Er erzählt sie einfach nur und über die Verbundenheit der Anhänger, die Fußballvereine über Jahrzehnte genutzt und ausgebaut haben, hat er eine emotionale Nähe geschaffen, die seinesgleichen sucht.
So stammt mein erstes Beispiel für Storytelling im Sport aus dem Fußball. Nachdem sich Sebastian Bornauw, Verteidiger des 1. FC Köln, mehrere Monate mit Schmerzen durch die Spiele quälte, fällt er seit Anfang des Jahres aus. Nun arbeitet er an seinem Comeback. In der vereinseigenen Dokumentations-Serie „24/7 FC“ erzählt die Social Media Abteilung des Bundesligisten solche Geschichten..
Dabei spielt sie neben den oben genannten typischen Story-Merkmalen noch einen weiteren Pluspunkt aus. Man könnte es unserem Bedürfnis nach Klatsch und Tratsch zuordnen: Die Freude am voyeristischen Blick hinter die Kulissen (wer sich für Bornauws Oberkörper interessiert, kommt im Video übrigens auch auf seine Kosten). Das ist nichts Negatives. Wir alle sind wahnsinnig interessiert an dem, was wir normalerweise nicht zu Gesicht bekommen. Viele Stories, gerade im Sport, nutzen diese Neugier.
Nicht nur im Fußball
Dass nicht nur der Fußball spannende Geschichten zu erzählen weiß, belegt eine Serie, die 2020 erstmalig auf Netflix zu sehen war: „Cheerleading“. Über mehrere Wochen hinweg begleiten wir die Mitglieder des Cheerleading Teams des Navarro College im texanischen Corsicana.
Um ehrlich zu sein: Ich habe mich vorher nicht für Cheerleading interessiert. Aber die Geschichten von Mackenzie, Gabbi, Lexi oder La’Darius habe ich in zwei Tagen durchgeguckt, weil ich wissen wollte, wie es mit ihnen weitergeht.
Menschen interessieren sich für Menschen
Denn die Macher von Cheerleading haben ebenso wie die Macher von „24/7 FC“ etwas begriffen, was für Geschichten elementar ist:
Menschen interessieren sich für Menschen. Und Sportler als Menschen, die etwas wollen, sind immer spannend, egal welcher Sportart sie nachgehen. So spannend, dass sogar Stories aus ihrem Umfeld das Publikum fesseln. It’s the pursuit that makes the story.
(Anmerkung: Der Beitrag basiert lose auf einem Vortrag, den ich im April 2019 als Speaker auf der FIBO in Köln gehalten habe, aktualisiert und ergänzt ihn.)