Ein Problem, mit dem alle Lehrenden zu kämpfen haben: Wie schaffe ich es, meinen Schülerinnen und Schülern Inhalte so zu vermitteln, dass sie im Gedächtnis bleiben? Wie Geschichten Ihnen helfen, erfahren Sie hier!
Jeder, der schon einmal unterrichtet hat, kennt es: Die Angst, dass das Wissen, das einem so am Herzen liegt, am Ende doch nicht bei denen hängen bleibt, für die es in unseren Augen so wichtig ist. Der US-amerikanische Autor und Germanist Eric Jarosinski bringt es auf den Punkt:
„No one will ever remember what I taught within a few years. And that’s even optimistic.“
(In wenigen Jahren erinnert sich niemand mehr daran, was ich unterrichtet habe. Und das ist schon ziemlich optimistisch.)
Eine Lösung mit schlechtem Ruf
Aber es gibt eine Lösung. Allerdings genießt sie nicht den allerbesten Ruf, gilt eher als Störfaktor, der vom eigentlichen Thema ablenkt, oder Marotte von Lehrenden, die an ihrem Thema vorbeireden: Geschichten und Anekdoten. Bestseller-Autorin Irene Vallejo erinnert sich an ihre eigenen Erfahrungen, als sie an der Universität unterrichtete.
„Als ich vor Studierenden dozierte, fiel mir auf, wie gut Geschichten funktionieren, um historische Sachverhalte zu vermitteln. Sobald ich die Fakten mit einem Bild oder einer Anekdote versah, konnten sich meine Kursteilnehmer viel besser daran erinnern.“
Irene Vallejo im Interview mit der deutschen Zeitschrift Galore
Mit dieser Erkenntnis ist Vallejo nicht allein. Spreche ich in Workshops Lehrende auf ihre eigene Lernerfahrung an, erinnern sich die meisten an herausragende Lehrer und an die Geschichten, die sie erzählt haben – und meist erinnern sie Lehrer, die Geschichten erzählt haben, als herausragend. Eine Teilnehmerin bringt es ehrlich auf den Punkt:
„Inhaltlich erinnere ich mich an fast gar nichts mehr aus meinem Studium. Aber an diesen einen Professor und seine Anekdoten, daran erinnere ich mich … Und an die Inhalte, die er mit diesen Anekdoten verknüpft hatte.“
Vor einigen Jahre hatte ich Gelegenheit die Rede des damaligen Mercedes-Chefs Dieter Zetsche zu verfolgen. Aus den 45 Minuten voller Informationen ist mir nur ein Moment in Erinnerung geblieben: Als Zetsche einen Brief aus seiner Jackettasche zog, aufschlug und die Geschichte schilderte, die darin beschrieben wurde:
Juan aus Madrid, erzählte in seinem (echten oder fiktiven) Schreiben an den Mercedes-Vorsitzenden, wie ein anderes Auto in seinen Mercedes raste, während er mit seiner jungen Familie unterwegs war. Nur dank der guten Mercedes-Sicherheitsstandards überlebten sie den Unfall.
Auch Neurowissenschaftler bestätigen diesen Eindruck: Geschichten bleiben besser im Gedächtnis.
Storys überzeugend nutzen
Es lohnt sich also Anekdoten und Geschichten in der Lehre zu nutzen. Sie sind mehr als Unterhaltung. Sie sind die beste Garantie, dass sich Studierende auch nach Jahren noch an Inhalte erinnern. Neben unserer Persönlichkeit als Lehrende und unserer Begeisterung sind sie vielleicht das mächtigste Werkzeug, das wir im Unterricht haben.
Es empfiehlt sich, die Anekdote oder die Story bewusst einzusetzen und in zwei einfachen Schritten vorzugehen:
Benennen Sie die Inhalte Ihres Unterrichts, die so wichtig sind, dass Ihre Studierenden oder Schüler sie behalten sollen.
Suchen Sie nach einer Geschichte oder Anekdote, in die Sie diese Aspekte einbetten können. Probieren Sie diese Story ggf. vorher einmal aus, verfeinern Sie sie oder passen Sie sie auch den Reaktionen Ihres Publikums an.
Epilog
Geschichten erlauben uns, Erfahrungen zu machen, ohne deren Konsequenzen ausgesetzt zu sein. Aber im Rahmen des Unterrichts können viele Erfahrungen gemacht werden, die ohne Risiko sind. Und wenn es etwas gibt, was noch besser im Gedächtnis bleibt, als die geteilte Erfahrung einer Geschichte, dann ist es eine selbstgemachte Erfahrung.
In der Lehre Situationen zu schaffen, in denen die Teilnehmenden solche Erfahrungen praktisch sammeln können, ihre eigenen kleinen Geschichten erleben können, ist eine weitere Empfehlung des Storytellings an die Lehre.
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